Ruža Nikolić-Lakatos (1945-2022)

war eine herausragende Persönlichkeit in der Welt der Roma-Musik in Österreich und wurde ab den 1990ern als Vertreterin der Lovara-Lieder öffentlich bekannt. Als Botschafterin ihres Volkes hat sie in Österreich maßgeblich zur Verbreitung der Musiktradition und zur Anerkennung der Roma/Romnja als Volksgruppe beigetragen. Bis kurz vor ihrem Tod trat Ruža Nikolić-Lakatos, deren Vorname 'Rose' bedeutet, regelmäßig mit ihrer Familie, The Gypsy Family, in ganz Österreich und im Ausland auf.

Inhaltsverzeichnis

Ružake gila

Ružake gila widmet sich dem musikalischen Nachlass von Ruža Nikolić-Lakatos. Durchgeführt vom MMRC (Music and Minorities Research Center) der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien leistet das Projekt damit einen Beitrag zur Sichtbarmachung und Zugänglichkeit der Roma-Musik in Österreich. Die digitale Ausstellung gibt einer außergewöhnlichen Sängerin eine Plattform und ermöglicht das Weiterleben und -geben ihrer Lieder.

Die Projektleiterin, Ethnomusikologin und Gründerin des MMRC Ursula Hemetek hat die künstlerische Entwicklung von Ruža Nikolić-Lakatos mehr als drei Jahrzehnte lang begleitet und dokumentiert. Dadurch entstand eine tiefe Verbundenheit mit der Familie der Sängerin. Einige Lieder innerhalb der über hundert Stunden an Tonaufnahmen, die an der Universität archiviert sind, publizierte Ursula Hemetek als Tonträger. Das trug wesentlich zur Bekanntmachung der Lovara-Lieder und der Person Ruža Nikolić-Lakatos unter den gaže, Nicht-Roma, bei. Zusätzlich zu den Aufnahmen von Ursula Hemetek stellt die Sammlung Heinschink, die im Phonogrammarchiv der Österreichischen Akademie der Wissenschaften archiviert ist, einen Schatz an Tonaufnahmen der Lovara-Lieder seit den 1960ern dar, die großteils noch nicht veröffentlich wurden.

© Familie Nikolić (1975)
Die Familie Nikolić mit dem Taufpaten der Kinder Mozes F. Heinschink

Ziel der Ausstellung Ružake gila ist es, die Musik von Ruža Nikolić-Lakatos der breiten Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Die Liedtexte, Übersetzungen, musikalische Transkriptionen sowie erklärende Texte zu den Liedern unterstützen dabei den Verstehensprozess. Der Fokus auf einzelne Lieder und deren Kontextualisierung ermöglicht die Diskussion eines breiten Spektrums an sozio-politischen, musikologischen, linguistischen und historischen Themen und repräsentiert die Liedkultur der Lovara in Österreich.

Die Lovara

Die Lovara sind eine der vielen verschiedenen Roma-Gruppen in Österreich und Teil der Volksgruppe der Roma/Romnja. Traditionell als Pferdehändler tätig, leitet sich ihr Name vom ungarischen , Pferd, ab. Die österreichischen Lovara kommen ursprünglich primär aus Ungarn und der Slowakei. Lovara leben heute in vielen Ländern Europas sowie in Nord- und Südamerika. In Österreich sind zwei große Migrationswellen der Lovara zu verzeichnen, die erste in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und die zweite in Folge des Ungarnaufstands 1956. Die österreichischen Lovara siedelten sie sich primär im Großraum Wien an.

Zur Zeit des Nationalsozialismus wurden Roma in Österreich verfolgt, in Konzentrationslager deportiert und ermordet – auch die Lovara. Nach dem Zweiten Weltkrieg konnten die Überlebenden nicht mehr ihrem traditionellen Wandergewerbe nachgehen, die Mehrheit etablierte sich in der Großstadt und war vor allem im Altwaren- und Teppichhandel tätig. Im Gegensatz zu anderen Roma-Gruppen waren die Lovara meist keine Berufsmusiker:innen, sondern übten ihre Musiktradition in der eigenen Gruppe aus.

Die genaue Zahl der heute in Österreich lebenden Lovara ist nicht bekannt. Die Verwendung des Lovara-Romanes ist angesichts der Anpassung an den Lebensstil und die Sprache der Mehrheitsgesellschaft stark zurückgegangen.

Quellen und weiterführende Infos

  • RomArchive – Digitales Archiv der Sinti und Roma.“RomArchive.” Zugriff am 05.03.2024. https://www.romarchive.eu/de/
  • Hemetek, Ursula. Mosaik der Klänge. Musik der ethnischen und religiösen Minderheiten in Österreich. Wien: Böhlau, 2001.
  • Cech, Petra, Fennesz-Juhasz, Christiane, Halswachs, Dieter W., und Heinschink, Mozes. F. (Hrsg.). Fern von uns im Traum...Te na dikhas sunende...Märchen, Erzählungen und Lieder der Lovara. Lavarenge paramiči, tertenetura taj gjila. Klagenfurt: Drava, 2001.

Das Lovara-Romanes

Der Dialekt der Lovara gehört linguistisch zur Vlach-Gruppe des Romanes, die eine Prägung durch die ehemalige Kontaktsprache Rumänisch aufweist. Die Sprache wurde bis vor wenigen Jahrzehnten rein mündlich tradiert und ist durch ihre abnehmende Sprecher:innenzahl im Schwinden begriffen. Im Rahmen eines Forschungsprojektes der Universität Graz wurde das Lovara-Romanes zwischen 1997 und 1999 kodifiziert, was bedeutet, dass vor allem die Grammatik und das Vokabular auf Basis von Texten beschrieben und analysiert wurde. Ein Wörterbuch und zwei Textbände wurden publiziert.

Die Lieder der Lovara tragen wesentlich zur Konservierung der Sprache bei. Im Empfehlungsschreiben zur Aufnahme der Lovara-Lieder in die österreichische UNESCO-Liste des immateriellen Kulturerbes argumentiert der Romanes-Experte Mozes F. Heinschink diesbezüglich:

Heinschink

„Die Lieder der Lovara sind in den Zeiten des drohenden Sprachwechsels ein Kulturelement, in dem die Sprache erhalten geblieben ist, sozusagen 'konserviert', und zwar nicht als Alltagsidiom, sondern in einer phraseologisch reichen, poetischen Form – jener Aspekt einer Sprache, der bei mangelnder Tradierung als erstes unwiderruflich verloren geht. Ihre Musiktradition ist daher für die Lovara nicht nur an sich identätskonstituierend, sondern auch von unschätzbarem Wert für die Erhaltung des Identitätsfaktors Sprache.“

Quelle und weiterführende Literatur

  • Cech, Petra, Fennesz-Juhasz Christiane und Heinschink, Mozes F. Lovarenge paramiči taj tekstura anda Österreich. Texte österreichischer Lovara. Arbeitsbericht 2 des Projekts Kodifizierung der Romanes-Variante der österreichischen Lovara. Hrsg. von Halswachs, Dieter. Wien: Romano Center, 1999. PDF
  • Fennesz-Juhasz, Christiane. “Musik der Vlach-Roma“. In: Rombase. Didactically edited information on Roma, 2002. PDF
  • Fennesz-Juhasz, Christiane. 2011. „Expertise Fennesz-Juhasz. Lieder der Lovara,“ UNESCO Österreich. Lieder der Lovara. Zugriff am 04.03.2024. PDF
  • Heinschink, Mozes F. und Cech, Petra. Wörterbuch. Arbeitsbericht 3 des Projekts Kodifizierung der Romanes-Variante der österreichischen Lovara. Hrsg. von Halwachs, Dieter W. Wien: Romano Centro, 1999. PDF
  • Heinschink, Mozes. F. 2010. „Expertise Heinschink. Lieder der Lovara.“ UNESCO Österreich. Lieder der Lovara. Zugriff am 04.03.2024. PDF
  • Heinschink, Mozes F. und Hemetek, Ursula (Hrsg.). Roma, das unbekannte Volk. Schicksal und Kultur. Wien: Böhlau, 1994.
  • Heinschink, Mozes F., und Cech, Petra. Basisgrammatik. Arbeitsbericht 1a des Projekts Kodifizierung der Romanes-Variante der Österreichischen Lovara. Hrsg. Von Halswachs, Dieter W. Wien: Romano Centro, 1999. PDF

Die Lovara-Lieder

Ruža Nikolić-Lakatos' Lieder lassen sich anhand von musikalischen und textlichen Kriterien grundsätzlich in drei Gattungen unterteilen: loke gila (langsame Lieder) oder mesaljake gila (Tischlieder), khelimaske gila (Tanzlieder) und neve gila (neue Lieder). Die beiden älteren Gattungen der langsamen Lieder und der Tanzlieder stellen die Inspiration für die neuen Lieder dar. Ruža Nikolić-Lakatos ist Repräsentantin einer gewachsenen Liedtradition, die über viele Generationen weitergegeben wurde und Teil des kulturellen Gedächtnisses der Lovara ist.

Die Lieder der Lovara unterscheiden sich deutlich von den Musikstilen anderer Roma-Gruppen in Österreich. Der Vortrag der Lieder ist grundsätzlich solistisch. Die Instrumentalbegleitung spielte traditionell eine untergeordnete Rolle, insbesondere bei den langsamen Liedern. Inhaltlich nehmen die Lieder Bezug auf die Familie, die Gemeinschaft und die Rolle des Einzelnen in ihr sowie auf die frühere Lebensweise der Lovara. Insofern dienen sie als Ausdruck der Identität und stellen einen wertvollen Einblick in die Kulturtradition der Lovara dar. Sie fungieren in gewissem Sinne als 'Geschichtsschreibung' der Gruppe der Lovara und als Mittel zur Verarbeitung kollektiver und individueller Erfahrungen.

Die Lieder wurden traditionell im Großfamilienkreis bei Festen gesungen und zirkulierten somit innerhalb der Lovara über Ländergrenzen hinweg. Für Nicht-Roma, gaže, waren sie lange nicht zugänglich. In den späten 1980er Jahren wurde die Ethnomusikologin Ursula Hemetek auf die Sängerin Ruža Nikolić-Lakatos aufmerksam und wollte ihre Lieder aufnehmen. Bis es tatsächlich zu einer Aufnahme kam, dauerte es aber einige Jahre. Die Forscherin reflektiert:

Ursula Hemetek

„Ich begann zu begreifen, dass jedes Mal, wenn Ruža singt, sie ein Geschenk darbringt; sie möchte Freude bereiten – der Zuhörer ist der Beschenkte. Deshalb dauerte es auch eine Zeitlang, bis Ruža überhaupt für mich sang. Viele Gespräche hatten stattgefunden, es musste erst ein Vertrauensverhältnis aufgebaut werden, bis Ruža bereit war, für eine Tonaufnahme zu singen. An öffentliche Auftritte war nun schon gar nicht zu denken.“

1989 trat Ruža Nikolić-Lakatos erstmal für Nicht-Roma, gaže, auf. Das bedeutete eine Öffnung der Lovara-Liedtradition. Seitdem werden die Lieder auch im Rahmen von öffentlichen Auftritten, Benefizkonzerten, kulturellen Veranstaltungen von Roma-Vereinen, Wallfahrten etc. gesungen, was eine Veränderung des ursprünglichen Auftrittskontexts bedeutet. Nach jahrhunderterlanger mündlicher Überlieferung wurden die Lieder ab den 1990er-Jahre auch auf Tonträgern verbreitet und sind nun auch digital verfügbar.

© Familie Nikolić (1975)
Mišo Nikolić mit Sohn Martin

Aufführungskontext der Lovara-Lieder: traditionell

Traditionell sind die Lovara-Lieder gemeinschaftsbezogen und dialogisch. Das bedeutet, dass sie im Kreis der Familie bei Tisch gesungen wurden und zwar nur nach Aufforderung. Hinweis darauf gibt auch der Name mesaljake gila, Tischlieder. Man wurde um ein Lied 'gebeten', also aufgefordert, zu singen. Das wurde als Ehre angesehen, hatte aber auch Assoziationen mit Schamlosigkeit, da es bedeutete, im Mittelpunkt zu stehen. Daher war die Aufforderung durch die anderen zentral. Wenn eine Frau singen sollte, so wurde sie aus Höflichkeitsgründen nie direkt angesprochen, Ehemänner oder Väter übernahmen die Aufforderung. So geschah es auch mit Ruža Nikolić-Lakatos: Sie war etwa zwölf Jahre alt, als sie ihr Vater völlig unerwartet bat, bei einem Familienfest zu singen. Er hatte mitangehört, wie sie bei der Hausarbeit vor sich hinsang, bemerkte, dass sie außergewöhnlich begabt war und präsentierte sie bei einer Feier als Sängerin der Familie.

Das Singen war neben dem Essen das zentrale Ereignis bei einem Fest. Es wurde kommentiert, bewertet und noch Wochen danach besprochen. Sowohl für die Singenden als auch die Zuhörenden war es ein intensives Erlebnis und wurde als gemeinschaftliche Interaktion verstanden: Insbesondere bei den langsamen Liedern, den loke gila, war es Teil der Musizierpraxis, dass Publikum und Ausführende miteinander interagieren. Durch Gestik, Mimik und Zwischenbemerkungen bezogen die Solist:innen die Zuhörenden mit ein und passten den Text spontan an die Gegebenheiten und die anwesenden Personen an. Oft wurden auch Namen der anwesenden Personen in die Texte eingebaut. Das Publikum wiederum reagierte mit formelhaften Zurufen, Kommentaren und Zwischenfragen und sang die Zeilenschlusstöne mit. 

Ruža Nikolić-Lakatos mit ca. 16 Jahren

Diese Aufnahme von Phurdel bajval phurdel wurde von Ursula Hemetek während eines Familienfests im Haus der Familie Nikolić 1993 gemacht. Man hört gut, wie die Gäste die Zeilenschlusstöne mitsingen. Der Zwischenruf apal phendas ist außerdem deutlich zu hören.

Weiters gab es formelhafte Widmungen, mit denen die Lieder eingeleitet und beendet wurden und die von den Anwesenden entsprechend beantwortet wurden. Formeln, die Lieder einleiten, sind zum Beispiel engedelmo mangav, šavale… („Erlaubnis erbitte ich, Freunde…") oder šaj ertin, šavale taj Romale… („verzeiht, Freunde und Roma…“). Mit ihnen wurde, nach der Aufforderung der anderen, die Erlaubnis zu singen eingeholt. Eine spezielle Widmung oder ein allgemeiner Wunsch für die Anwesenden wurde mit t’aven saste taj bachtale… („gesund und glücklich sollt ihr sein…“) ausgedrückt, der von den Zuhörenden mit t’as bachtalo, muro phral („glücklich sollst du sein, mein Bruder“) oder t’aves vi tu, muri phen („auch du, meine Schwester“) beantwortet wurde. Die Lieder wurden ebenfalls durch Wunschformeln wie s’anda tumari patjiv! („alles euch zu Ehren!“) oder t’an bachtale, romale! („glücklich sollt ihr sein, Roma!“) beendet. Typisch ist auch der Zwischenruf apal phendas („Und dann sagte er / sie“), der ein neues Motiv einleitet und auf einen Wechsel in der Sprecherperspektive hinweist. (Fennesz-Juhasz, 2011; Cech et al., 2001).

© Mozes F. Heinschink
Ruža Nikolić-Lakatos neben ihrem Mann Mišo Nikolić bei einem Fest

Aufführungskontext der Lovara-Lieder: öffentlich

Mit der Öffnung der Lieder für Nicht-Roma, die des Romanes nicht mächtig sind, veränderte sich die Interaktion zwischen Ausführenden und Zuhörenden wesentlich. Ruža Nikolić-Lakatos musste sich zu Beginn ihrer Bühnenkarriere daran gewöhnen, dass die typischen Reaktionen, die sie von Familienfesten kannte, durch Applaus subsituiert wurden. Bei vielen Auftritten erklärte sie dem gaže-Publikum den Inhalt ihrer Lieder, sodass dieses verstehen kann, worum es geht.

Manuela Nikolić erklärt, wie ihre Mutter öffentliche Konzertauftritte gestaltete.

Außerdem inkludierte sie bei ihren öffentlichen Performances immer mehr Tanzlieder, die weniger textgebunden waren und durch Melodie und Rhythmus eine Verbindung zum Publikum schafften. Die Sängerin forderte ihr Publikum auch zum Tanzen auf, was von den Zuhörenden oft wahrgenommen wurde und somit eine andere Form der Partizipation, die nicht von der Sprachkompetenz abhängt, darstellte.

Ruža Nikolić-Lakatos reflektiert ihre Liedauswahl für ein Nicht-Roma-Publikum und hebt hervor, dass es ihr wichtig ist, dass das Publikum einen Einblick in ihre Kultur bekommt.

Quelle und weiterführende Literatur

  • Cech, Petra, Fennesz-Juhasz, Christiane, Halswachs, Dieter W., und Heinschink, Mozes. F. (Hrsg.). Fern von uns im Traum...Te na dikhas sunende...Märchen, Erzählungen und Lieder der Lovara. Lavarenge paramiči, tertenetura taj gjila. Klagenfurt: Drava, 2001.
  • Fennesz-Juhasz, Christiane. 2011. „Expertise Fennesz-Juhasz. Lieder der Lovara,“ UNESCO Österreich. Lieder der Lovara. Zugriff am 04.03.2024. PDF
  • Heinschink, Mozes. F. 2010. „Expertise Heinschink. Lieder der Lovara.“ UNESCO Österreich. Lieder der Lovara. Zugriff am 04.03.2024. PDF

Themen und Motive

Die Texte von Ruža Nikolić-Lakatos' Liedern reflektieren die alte Lebensweise der Roma, die Bedeutung der Gemeinschaft und die Rolle des Einzelnen in ihr. In den neuen Liedern, den neve gila, geht es vor allem um die Beziehung zwischen den Geschlechtern, um soziales Verhalten, das dem Ehrenkodex widerspricht oder entspricht, und um die Emotionen, die der/die Verliebte oder Verlassene hat. Selten gibt es auch Lieder, die eine politische Situation thematisieren.

Die Lieder dieser Ausstellung können grundsätzlich in vier thematische Kategorien unterteilt werden. Dabei ist zu betonen, dass es sich nur um einen Ausschnitt aus dem großen Repertoire von Ruža Nikolić-Lakatos handelt und die thematischen Kategorien fluide sind. Sie wurden gewählt, um die Lieder hier sinnvoll zu kategorisieren.

Lieder über zwischenmenschliche Beziehungen

Bei diesen Liedern geht es um die Liebe, das Leben in der Gemeinschaft und um das dem Ehrenkodex (nicht) entsprechende Verhalten. Sehr häufig geht es um Untreue und das Verlassenwerden und die daraus resultierenden Konsequenzen. Fast alle Lieder von Ruža Nikolić-Lakatos kreisen um diese Thematik, da sie das Leben in der Gesellschaft widerspiegeln und von wahren Begebenheiten erzählen.

Manulea Nikolić kommentiert das häufige Motiv des Umgarnens / Umwerbens.

Klagelied

In dieser thematischen Kategorie klagt die Ich-Person ihr Leid. Diese Klage ist entweder an die Mutter oder an Gott gerichtet. In diesen Liedern wird ein empfundener Schmerz zum Ausdruck gebracht, der oft in Verbindung mit Einsamkeit oder Armut steht.

Politisches Lied

Selten nimmt Ruža Nikolić-Lakatos in ihren Liedern Bezug auf eine politische Situation. Das prominenteste Beispiel ist das Phurde-Lied, dessen Text sie anlässlich des Terrorattentats in Oberwart 1995 schrieb.

Gefängnislied

Diese thematische Kategorie ist typisch für die alten Lovara-Lieder. Die Texte erzählen aus der Perspektive einer inhaftierten Person.

Ruža Nikolić-Lakatos spricht über die Gefängnislieder und wie diese zustande kommen.

UNESCO-Anerkennung

2011 wurden die Lieder der Lovara in das UNESCO-Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes in Österreich aufgenommen. Ruža Nikolić-Lakatos war die Antragstellerin und wurde durch Gutachten von Christiane Fennesz-Juhasz und Mozes F. Heinschink unterstützt. Die Lieder der Lovara sind seitdem in den mündlich überlieferten Traditionen und Ausdrucksformen des immateriellen Kulturerbes in Österreich registriert.

Mehr Infos: UNESCO - Lieder der Lovara

Die Volksmusikforscherin und Kulturmanagerin Maria Walcher war jahrelang Leiterin der Österreichischen Nationalagentur für das Immaterielle Kulturerbe in der Österreichischen UNESCO-Kommission. Zuvor war sie Generalsekretärin des Österreichischen Volksliedwerks. Maria Walcher und Ursula Hemetek arbeiteten jahrelang in verschiedenen Funktionen eng zusammen. In einem Feldforschungsinterview für Ružake gila berichtet Maria Walcher, wie es zur Anerkennung der Lovara-Lieder in die österreichische Liste des immateriellen Kulturerbes der UNESCO-Konvention kam und welche Rolle Ruža Nikolić-Lakatos dabei spielte.

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Music and Minorities Research Center, "Lieder", Ružake gila, zuletzt besucht am Loading date..., doi.org/10.21939/23dv-v776